Cristina Hoffman im interview über EUNIC Berlin

Christina Hoffman ist seit 2010 Direktorin des Rumänischen Kulturinstituts Berlin. Muttersprachen: Deutsch und Rumänisch. 1978 aus Rumänien ausgewandert. Seither Koordinatorin, Produzentin, Organisatorin vor allem im Bereich Film und Fernsehen unter anderem für Arte, Filmfestival Berlin, Festival du Cinéma Allemand à Paris, ZDF, ARD, ORF, France 5.

In Ihrer Biografie spielt das "Dreiländereck" Rumänien – Frankreich – Deutschland eine wichtige Rolle. Wie verbinden Sie Erfahrungen aus/mit diesen Lebenswelten mit Ihrer Tätigkeit?
Internationale Erfahrungen lassen sich generell sehr bereichernd verbinden, um so mehr und ausgeprägter im Kulturbereich.
Heute ist Europa zusammengewachsen; als ich 1978 aus Rumänien auswanderte, waren die Zeiten doch bedeutend anders. Die Welt zu durchqueren, verschiedene Kulturen, Menschen, Bräuche kennenzulernen, haben mir Toleranz, Großzügigkeit und besonders das Gefühl, ein citizen of the world zu sein, gegeben.
Diese in über 30 Jahren gesammelten Erfahrungen sind nun ein Schatz, den ich gern in meine neue Tätigkeit mitbringen möchte. Ich spreche Deutsch, träume auf Rumänisch und denke auf Französisch, das kann nur konstruktiv für die europäische EUNIC-Gruppe sein, oder?

Bei der letzten EUNIC-Sitzung haben Sie die Idee einer Retrospektive der europäischen Gewinner des Goldenen Bären lanciert. Können Sie das erläutern?
Sechs Jahre enge Zusammenarbeit mit der Berlinale und eine lange Freundschaft mit Dieter Kosslick, dem Leiter des Filmfestivals, haben mich auf den Gedanken gebracht, dieses tolle Festival, das die größten Filme der Welt zeigt, in den Focus unserer EUNIC-Projekte zu stellen.
EUNIC sind Länder, Kulturen, Sitten, Europas vielseitiges Bild – und was vermag besser als Filme, diese verschiedenen Töne und Farben widerzuspiegeln? Wir wollen eine Auswahl europäischer Filme zeigen, die in den 60 Berlinale-Jahren Goldene Bären gewonnen haben, und wir können stolz sein, denn alle in EUNIC Berlin vertretenen Länder haben mindestens einen Goldenen Bären erhalten, und sei es nur für einen Kurzfilm wie im Falle Rumäniens.

Das Rumänische Kulturinstitut plant einen Umzug aus dem Grunewald ins Zentrum Berlins. Will Rumänien damit gegen den Strom ein Zeichen für ein stärkeres Engagement in Europa setzen?
Das Rumänische Kulturinstitut hat seit 12 Jahren seinen Sitz in einem wunderschönen Haus in Grunewald. Als 1999 das Berliner Wissenschaftskolleg dem rumänischen Außenminister und Philosophen Andrei Plesu diese Location vorschlug, war das die allerbeste Lösung.
Das Institut hat eine historische und kulturelle Entwicklung erlebt, die auch mit der geopolitischen Geschichte meines Landes in Verbindung steht, aber selbstverständlich genauso mit der neuen Positionierung in einer Stadt wie Berlin. Rumänien hat sich geändert, Berlin seit 1999 auch.
Ich bin nicht unbedingt der Meinung, dass wir durch einen zentraleren Sitz viel mehr neues Publikum anziehen werden, aber ein besserer Zugang zum Rumänischen Kulturinstitut vereinfacht bestimmt das Leben unserer Gäste.

Berlin und andere deutsche Städte haben ein quicklebendiges Kulturleben. Wie erleben Sie Deutschland als Kultur-Operationsbasis?
Deutschland erlebe ich nicht so oft, wie ich es mir wünsche, denn wegen der knappen finanziellen Mittel kann ich andere wichtige Kulturstädte wie München, Hamburg, Köln nur selten besuchen.
Hingegen habe ich den enormen Vorteil, in der Kulturweltstadt Berlin zu leben, und sie ist zweifelsohne eine der dynamischsten Hauptstädte in Europa. Oft habe ich das Gefühl, die Informationen über die Vielfalt der Veranstaltungen nicht verarbeiten zu können, geschweige denn mit der Präsenz bei einzelnen Kulturereignissen nachkommen zu können.
Es ist in einer Stadt wie Berlin eine ständige Herausforderung, Kultur aus dem eigenen Land zu vermitteln. Denn: Wer es in Berlin schafft, Aufmerksamkeit für die rumänische Kultur zu wecken, schafft es in der ganzen Welt.

Was wäre Ihr Lieblingsprogramm für einen freien Tag in Berlin?
Ein Brunch im Café Einstein mit dem weltberühmten Lachsbagel und einem Gläschen Champagner, eine immer wieder aufregende Tour im Pergamonmuseum, ein Stop im Bücherbogen am Savignyplatz.
Am späten Nachmittag ein Spaziergang um den Schlachtensee und ein sehr französisches Abendessen im Lokal Reste Fidèle, nicht weit von meinem lieben Ku'damm.
Wenn ich dann nicht zu müde bin, könnte ich mir noch einen Sprung in eine Musikbar in Kreuzberg vorstellen.
Sie sehen, Kultur und kulinarische Kultur ist eine Erbschaft, die ich nach 30 Jahren Pariser Leben in Berlin nicht aufgeben kann!

Mehr unter: www.eunic-berlin.eu