
Projekt: “The Perfect Heel“ - eine Performance des Bureau of Melodramatic Research im Rahmen der Ausstellung “High Heel Communism“
Künstlerinnen: Irina Gheorghe und Silvia Costin
Veranstaltungsort: Kunstverein am Rosa-Luxemburg-Platz, Berlin
Datum: 7. Juli, 20:00 Uhr
Das RKI-Berlin freut sich, die erste groß angelegte Präsentation der künstlerischen Praxis des rumänischen Duos The Bureau for Melodramatic Research (BMR) in Deutschland unterstützen zu dürfen. Kuratiert von Susanne Prinz, trägt die Ausstellung den Titel “High Heel Communism“ und ist am Kunstverein am Rosa-Luxemburg-Platz ab dem 9 Juni zu sehen.
Als Teil des Programms laden Künstlerinnen Irina Gheorghe und Silvia Costin am 7. Juli zu der Performance “The Perfect Heel“ ein, die eigens für den aktuellen Ausstellungskontext entwickelt wurde.
Das Projekt “High Heel Communism“ ist das erste Werk, welches das Bureau of Melodramatic Research nach dem frühen Tod von Alina Popa im Jahr 2019 realisiert. Es wurde noch gemeinsam von beiden Künstlerinnen in der letzten Phase ihrer Zusammenarbeit konzipiert und hatte eine erste Inkarnation als lebensgroßes Gruppenporträt. Für das Foto wurde die Größe von neun Frauen, die (in typisch post-kommunistischer Kleidung in den Farbtönen klassischer Hollywood-Melodramen) in einer Reihe stehen, mittels verschieden hoher Absätze vereinheitlicht. Diese Metapher der Gleichheit, durch das simple technologische (Hilfs-)Mittel der Absätze erzeugt, zeigt idealtypisch Anliegen und Methoden des Büros: nämlich Instrumentarien zu entwickeln, die als Teil der Produktion von Stereotypen – hier von Weiblichkeit – bereits existieren und diese dann zum Anlass und Rahmen für weiterreichende Reflexion über gesellschaftspolitische Fragen auszubilden.
Für die Ausstellung im Kunstverein am Rosa-Luxemburg-Platz wurde das Konzeptdes “High Heel Communism“ zu einer Mixed-Media-Installation weiterentwickelt, die Fotografien, Schaufensterpuppen, Kostüme, Drucke, Performances sowie einen neu produzierten 16mm-Film umfasst. Der Film basiert auf älteren Filmmaterial von den Vorbereitungen zur Titel gebenden Fotografie und der Bukarester Ausstellungsversion “Heart Beat Detection Systems“, 2022. Ergänzt durch neue Aufnahmen, entwickelt er sich zu einer breit angelegten Reflexion über soziale Gleichstellung, Geschlechterrepräsentation und der Rolle des High Heels als symbolisches Instrument der Subversion.
In direktem Zusammenhang mit dem Film entstand auch die neue Performance “The Perfect Heel”. In der Performance folgen Irina Gheorghe und Silvia Costin den unsichtbaren vertikalen Spuren mechanistischer Steig(er)ung via unterschiedlicher Absätze an Frauenschuhen auf der Suche nach neuen Formen von Gleichheit und Gemeinschaft.
Bereits 2010 schlug das BMR anlässlich der offiziellen Eröffnung seiner “Statistikabteilung” in Chișinău, Moldawien, die Einführung eines neuen Indikators für die statistische Analyse vor: den Brutto-Nationalabsatz. Es wurden numerische Daten über die Höhe der Absätze aller weiblichen Passanten an fünf wichtigen Orten in der Stadt innerhalb einer Zeitspanne von jeweils dreißig Minuten erhoben. Damit wurde eine Lücke in den offiziellen Studien aufgezeigt und die Rolle, die der Indikator “Brutto-Nationalabsatz“ bei weiteren Bewegungen in Richtung Gleichstellung der Geschlechter spielen könnte. Im Jahr 2022 brachte “High Heel Communism” eine weitere Entwicklung in der Verwendung des Absatzes als Mittel der melodramatischen Untersuchung, indem er sich von einem Instrument der statistischen Forschung zu einem Mittel wurde, mittels dessen das BMR hofft, einen eigenen Beitrag zu einer internationalen Theorie des Kommunismus zu leisten.
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Das Bureau of Melodramatic Research (BMR) wurde 2009 in Bukarest von den Künstlerinnen Irina Gheorghe (*1981) und Alina Popa (1982-2019) als „Institut” mit dem Ziel gegründet, Rolle und Funktionsweisen von Emotionen – Schlüsselelemente des Melodramas – in breiten sozialen Kontexten zu untersuchen. Dafür unterzieht BMR dieses subjektive, hochemotionale und im Innersten berührende Genre einer vielschichtigen Untersuchung. Das Melodrama ist dabei nicht nur Forschungsgegenstand, sondern auch Arbeitsmethode. Die Methodik des Bureau of Melodramatic Research, die Melokritik, macht sich zentrale Elemente des Melodrams als Methode der kritischen Interpretation und Intervention zu eigen. Emotion, Sentimentalität und Übertreibung werden zu Instrumenten eines sachlich-rationalen Forschungsansatzes, der den Widerspruch zwischen Affekt und Konzept durch unterschiedliche künstlerische Formate auflösen will. Arbeiten des Bureaus wurden in zahlreichen Gruppenausstellungen gezeigt, u.a. im National Museum of Contemporary Art Bukarest; HOME Manchester; Pratt Manhattan Gallery, NY; Times Museum, Guangzhou; SAVVY Contemporary, Berlin; Martin Gropius Bau, Berlin; TRAFO, Budapest; bak: basis voor aktuele kunst, Utrecht; mumok Kino, Wien.
Außerhalb des BMR arbeitet Irina Gheorghe vor allem mit Performance, in Kombination mit Installation, Collage, Fotografie, Sound oder Video. Thematisch kreisen ihre Arbeiten um den Versuch, über Dinge jenseits unserer Wahrnehmungsmöglichkeiten zu sprechen – von extraterrestrischen Lebensformen zu hypothetischen Planeten. Alina Popa, die zunächst Finanzwirtschaft studierte, konzentrierte sich in ihrer künstlerischen Forschung auf Affekttheorie, konkret die Beziehung zwischen Neoliberalismus und Melodrama und die ideologischen Verbindungen zwischen Bergsteigen und Nationalismus. Sie hatte Ausstellungen und Performances u.a. im MUMOK, Wien; DEPO, Istanbul und Martin Gropius Bau, Berlin.
Silvia Costin (geb. 1980) hat an der Fakultät für Bildende Künste der Universität für Kunst und Design, Fachbereich Malerei, studiert und einen Master in Visual Arts an der Universität der Künste Bukarest erhalten. Zu den Ausstellungen, an denen sie teilgenommen hat, gehören "Drink the Pink" im Atelier 030202 und "Tiger Watermelon" bei Make a Point, Bukarest. Silvia arbeitet als Museographin am Nationalen George Enescu Museum in Bukarest.