LESUNG AUS DEN TAGEBÜCHERN VON M.SEBASTIAN

Ort: Hessisches Literaturforum, Waldschmidtstraße 4, 60316 Frankfurt am Main
Uhrzeit: 20.00
Eintritt: 7/4 Euro

Außerhalb Rumäniens war der jüdische Schriftsteller Mihail Sebastian (1907-1945) lange Zeit nur Eingeweihten bekannt. Bewegte er sich zunächst noch in den Intellektuellenzirkeln um Nae Ionescu und Mircea Eliade, wurde er in den 1930ern aufgrund seiner Herkunft und des zunehmenden Antisemitismus zum Paria. Seine Tagebücher aus dieser Zeit wurden bei ihrer Veröffentlichung jedoch zu einer literarischen Sensation und von Autoren wie Philip Roth und Arthur Miller gewürdigt - die deutsche Kritik verglich sie mit den Tagebüchern Anne Franks und Victor Klemperers. Der Übersetzer Roland Erb ordnet Mihail Sebastians Werk kommentierend ein und Jochen Nix zaubert das Publikum mit einer szenischen Lesung aus den Tagebüchern.

Vom Werk André Gides und André Malraux‘ beeindruckt und unter dem Einfluss der Lebensphilosophie Nae Ionescus begab sich der Autor in Romanen, Theaterstücken und Essays auf die Suche nach Wahrheit und Authentizität. Angesichts des auch im Rumänien der 30er Jahre anwachsenden Antisemitismus galt seine Aufmerksamkeit in dem Roman „Seit zweitausend Jahren“ und dann auch in den Tagebüchern dem Schicksal jüdischer Menschen in einer gleichgültigen oder feindlichen Umgebung. Die Tagebücher 1935 – 1944, die auf Deutsch unter dem Titel „Voller Entsetzen, aber nicht verzweifelt“ beim Claassen Verlag erschienen sind, legen ein faszinierendes und gleichzeitig erschütterndes Zeugnis von den Lebensumständen des Schriftstellers im Bukarest der dreißiger und vierziger Jahre ab, als Sebastian nicht nur tagtäglich um seine materielle Existenz sondern auch um den Erhalt seiner geistigen Schaffenskraft zu kämpfen hatte. Höchst eindrucksvoll gelingt es Sebastian in seinen täglichen Aufzeichnungen, die immer prekärere Lage der jüdischen Bevölkerung in der rumänischen Hauptstadt zu schildern, der nach Massakern in Bukarest und Deportationen in anderen Landesteilen der Abtransport in die Vernichtungslager drohte.

Der Schriftsteller und Übersetzer Roland Erb hat sich nach dem Studium der Romanistik und längerer Verlagstätigkeit seit den siebziger Jahren immer wieder der Beschäftigung mit der rumänischen Literatur zugewandt. Für seine Editionen von Werken Eminescus in Deutschland wurde er im Jahr 2000 mit der Mihai Eminescu-Medaille der Republik Rumänien geehrt. Neben Editionen und Übersetzungen von Werken der Autoren Sadoveanu, Slavici, Istrati, Bacovia, Blaga, Doinas, Sorescu, Blandiana, Solomon, Vartic und Codrut übertrug er 2004 zusammen mit Edvard Kanterian die Tagebücher 1935 – 1944 von Mihail Sebastian.