VORTRAG: „WIE WEIT ÖSTLICH IST OSTEUROPA? DIE AUSHANDLUNG KULTURELLER IDENTITÄTEN IM WETTKAMPF UM EUROPÄISIERUNG“

Vortrag
Ort: RKI Berlin, Koenigsallee 20A, 14193 Berlin
Uhrzeit: 19:30

Das Rumänische Kulturinstitut Berlin präsentiert in Zusammenarbeit mit der Deutsch-Rumänischen Gesellschaft e.V. den Vortrag „Wie weit östlich ist Osteuropa? Die Aushandlung kultureller Identitäten im Wettkampf um Europäisierung“, gehalten von Prof. Dr. Manuela Boatcă.

Im Kontext der EU-Osterweiterung sowie der Herausbildung »neuer« geopolitischer Antagonismen (Westen vs. Islam) nach den Anschlägen des 11. September, genossen Osteuropa, sowie der Balkan für eine Weile verstärkte Aufmerksamkeit. Der Zusammenbruch kommunistischer Regimes und der gleichzeitig einsetzende Wettkampf um die Integration in europäische und transatlantische Strukturen hatten daher die Wiederaufnahme der Identitätsdiskurse zur Folge, die das Verhältnis der Region zum Westen Europas Jahrhunderte zuvor geprägt hatten. Um die Abgrenzung vom negativ aufgeladenen »Osten“ in Gestalt des Balkanraums einerseits und des asiatischen Raums andererseits zu vollziehen, rekurrierten politische, intellektuelle und mediale Diskurse auf Identitätskonstruktionen, die ihren jeweiligen Standort im Hinblick auf ihre Geschichte, Religion, zivilisatorischen Beitrag und/oder Geographie als »(west)europäisch« erscheinen ließen. Im Falle Rumäniens erstreckt sich die Aushandlung der europäischen Identität aufgrund des verspäteten EU-Beitritts und des kürzlich wieder vertagten Schengen-Beitritts bis in die Gegenwart. Die Auswirkungen des politischen und ökonomischen Desiderats der »Europäisierung« und der dabei vorgenommenen Reduktion des europäischen Status’ auf die Mitgliedschaft in westeuropäischen Institutionen auf die Verfestigung bestehender Stereotype, werden anhand aktueller Beispiele diskutiert.

Prof. Dr. Manuela Boatcă ist seit 2012 Professorin für die Soziologie globaler Ungleichheiten am Lateinamerika-Institut und Institut für Soziologie der FU Berlin. 1997 hat sie ihr Diplom-Studium der Anglistik und Germanistik in Bukarest abgeschlossen und hat 2002 mit summa cum laude im Fach Soziologie promoviert. Danach folgten akademische Tätigkeiten an der Katholischen Universität Eichstätt, am Instituto Universitário de Pesquisas do Rio de Janeiro und am Lateinamerika-Institut der FU Berlin. Neben ihrer Tätigkeit an der FU Berlin ist sie seit 2010 Mitherausgeberin der Reihe Zentrum und Peripherie beim Hampp Verlag, sowie Gutachterin des österreichischen Kulturministeriums. Sie war Autorin und Co-Herausgeberin mehrerer Publikationen, u.a.: „From Neoevolutionism to World-Systems Analysis. The Romanian Theory of ‘Forms without Substance’ in the Light of Modern Debates on Social Change” (2003), „Des Fremden Freund, des Fremden Feind. Fremdverstehen in interdisziplinärer Perspektive“ (Hrsg. mit Claudia Neudecker und Stefan Rinke, 2006), „Decolonizing European Sociology. Transdisciplinary Approaches” (Hrsg. mit Encarnación Gutiérrez Rodríguez und Sérgio Costa, 2010).